Der neue Massnahmeplan der Davoser Task Force will die Probleme mit jüdischen Gästen nachhaltiger angehen. Das Likratprojekt ist ein wichtiger Bestandteil
Nach der Aufkündigung der Zusammenarbeit mit Likrat Public 2023 hat die Task Force «Verständigungsprozess in Davos» einen neuen Ansatz zum Umgang mit jüdischen Gästen vorgestellt. Im ausführlichen Massnahmeplan ist ein deutlicher Ausbau des Likrat Public-Projekts vorgesehen.
Heute hat die Task Force «Verständigungsprozess in Davos» einen Massnahmekatalog vorgestellt, mit dem Ziel der Verständnisförderung zwischen der Davoser Bevölkerung und den jüdischen Gästen. Nach der Aufkündigung der Zusammenarbeit mit Likrat Public, dem Dialog- und Präventionsprogramm des SIG, im August 2023 kommt es nun doch zu einer Fortsetzung des Sommerprojekts in der Hauptsaison 2024.
Ausbaumassnahmen der Betreuung und Dienstleistungen für die Gäste in Davos
Neben einem Ausbau des Projekts von Likrat Public beinhaltet der Katalog neun weitere Massnahme. Das Likrat Public-Sommerprojekt von Likrat Public wird am Standort in Davos mit Unterstützung lokaler Organisationen mehr Vermittlerinnen und Vermittler, sogenannte Likratinos und Likratinas, einsetzen, neu darunter auch mehr, die selber einen strenger religiösen, orthodoxen Hintergrund haben. Die bereits existierenden Informationsmaterialien für die jüdischen Gäste werden für diesen Sommer auf Grundlage der Erfahrungen der letzten Jahre überarbeitet und mit spezifischen Informationen zu Davos ergänzt. Neu entsteht während der Sommerwochen eine Anlaufstelle für die internationalen Gäste, bei der Informationen und andere Dienstleistungen erhältlich sind. Likratinos und Likratinas werden diese Anlaufstelle diesen Sommer betreiben. Im Hintergrund werden Rabbiner eine beratende Rolle einnehmen und bei Bedarf als Ansprechpersonen fungieren.
Die Gemeinde Davos und die Davos Destinations-Organisation DDO wollen sich auch der touristischen Infrastruktur widmen, die wegen des teils hohen Besucheraufkommen die Kapazitätsgrenze erreicht haben. Für die Zukunft soll ausserdem ein breiteres Netzwerk von ausländischen Akteurinnen und Akteuren (relevante Aussenministerien und Medien) aufgebaut und einbezogen werden, um anzureisende Gäste schon vor ihrer Ankunft in der Schweiz zu erreichen.
Massnahmen zur Verständnisförderung der Bevölkerung und Tourismusbetriebe in Davos
In und für Davos selbst wurden weitere spezifische Massnahmen erarbeitet. Für Tourismusbetriebe werden allgemeine Leitlinien entwickelt, an denen sich die Betriebe in ihrem Umgang mit internationalen Gästen orientieren können. Im Fokus solle die Gleichbehandlung aller Gäste stehen. Weiter übernimmt die DDO nebst ihrer Funktion als reguläre Gästeberatungsstelle bei Bedarf auch die Funktion einer Ombudsstelle für Tourismusbetriebe.
Durch spezifische historische Arbeiten soll schliesslich in Davos die Auseinandersetzung mit der eigenen jüdischen Geschichte vertieft werden. Dazu sollen auch Anlässe zur Vermittlung jüdischer Geschichte und zur Auseinandersetzung mit interkulturellen Fragestellungen für die Davoser Bevölkerung angeboten werden. Geplant ist ein jüdischer Liederabend, der sich mit der von Exil und Emigration geprägten jüdischen Weltgeschichte befasst. In einem weiteren inhaltlichen Programmpunkt soll auch der Frage nachgegangen werden, wo Grenzen zum «Antisemitismus» liegen.
Task Force mit Vertretern von Davos und des SIG
Das Massnahmepaket wurde im Wesentlichen durch die Task Force «Verständigungsprozess in Davos» entwickelt, die von der DDO ab Herbst 2023 ins Leben gerufen wurde. Geleitet und beraten wurde sie Michael Ambühl und Nora Meier. Mitglieder waren von Beginn an Philipp Wilhelm, Landammann der Gemeinde Davos, und Reto Branschi, Direktor der DDO. Ab Februar 2024 waren auch der SIG beziehungsweise die jüdische Gemeinschaft mit dem damaligen SIG-Präsidenten Ralph Lewin, SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner und Jehuda Spielman, Gemeinderat Stadt Zürich und Mitglied der Israelitischen Religionsgesellschaft und Agudas Achim in Zürich, beteilgt.
Der SIG hat die Arbeiten der Task Force tatkräftig unterstützt und seine Expertise eingebracht. Trotz der Ausgangslage aufgrund der Zusammenarbeitsaufkündigung vor einem Jahr stand die Überzeugung im Vordergrund, das Dialog und Aufklärung der richtige Weg für das jüdische Tourismusziel Davos sind. Die Weiterführung des Sommerprojekts von Likrat Public, und gar Ausbau, bestätigen dem Verband, dass dieser Ansatz sich in der Vergangenheit bewiesen hat. Der SIG ist zuversichtlich, dass vor allem auch das deutlich stärkere Engagement der DDO und der Gemeinde Davos in organisatorischer und finanzieller Sicht nachhaltiger und umfassender Wirkung zeigen wird, als das mit den bisherigen Mitteln möglich war.