Likrat Public

Tagebuch einer Likratina Teil 1 – Leas erster Einsatz für das Likrat Public-Sommerprojekt in Saas-Grund

Heute spreche ich mit jüdischen Touristinnen und Touristen über hiesige Eigenheiten und informiere die lokale Bevölkerung über jüdische Traditionen und Religion. Was wird auf mich zukommen? Wie werden die Leute auf dieses Vorhaben reagieren?

Kinder fahren auf Trottinetts umher, Teenager spielen Fussball und zwei Mütter unterhalten sich, während sie die Kinderwagen hin und her schieben – sie sind als jüdische Touristen zu erkennen. Diesen Blick hatte ich heute Morgen, als ich aus dem Fenster meines Zimmers in Saas-Grund sah. Die nächsten zwei Tage werde ich hier als Likratina unterwegs sein und sowohl auf jüdische Feriengäste zugehen und sie über Schweizer Eigenheiten informieren als auch der lokalen Tourismusbranche Fragen rund um das Thema Judentum beantworten. Bei Bedarf werde ich zwischen den beiden vermitteln. Ich bin gespannt auf diese Aufgabe. Wie werden die jüdischen Leute auf mich, eine wildfremde Person, reagieren, wenn ich sie anspreche? Wie werden die lokalen Betriebe die Broschüre aufnehmen, die ich ihnen verteile? Ich muss zugeben, ich bin etwas nervös.

Was für ein Glück, wir stossen auf offene Ohren

Zusammen mit dem Likratino Tom ziehe ich los. Begleitet werden wir von einer Journalistin – ein Umstand, der meine Anspannung bestimmt nicht lockert. Unser erster Stopp ist das Tourismusbüro. Bei der Mitarbeiterin stossen wir mit unserem Projekt auf offene Ohren. Sie motiviert uns sogar, auch in den kommenden Jahren Vermittlerinnen und Vermittler einzusetzen. Je mehr das Angebot im Bewusstsein aller Beteiligten sei, desto mehr werde es genutzt, ist sie überzeugt. Ich merke schnell, dass die Mitarbeiterin des Tourismusbüros regelmässig mit Personen aus verschiedenen Kulturen in Kontakt kommt, denn sie zeigt eine grosse Sensibilität gegenüber den jüdischen Touristinnen und Touristen und ist bereit, den jüdischen Gästen entgegenzukommen, auch wenn ihr einige Bräuche fremd sind. Ich bin erleichtert über ihre positive Rückmeldung. Dies motiviert und ich entspanne mich.

Informationen über den jüdischen Alltag sind meistens willkommen

Wir gehen weiter in den Coop. Die Geschäftsführerin nimmt unsere Broschüre dankend entgegen. Vor allem der Hinweis, dass sie die jüdischen Kundschaft auf die Koscherlisten verweisen kann, ist für sie wertvoll. Denn sie wird immer wieder von jüdischen Personen gefragt, welche Lebensmittel koscher seien.

Als nächstes gehen wir in ein Hotel und fragen, ob sie auch jüdische Gäste beherbergen. Die Angesprochenen verneinen und wenden sich ab. Es sind also nicht alle an uns interessiert.

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